Die Zigarrenherstellung in Kuba – Hingabe fürs Detail


Von der Ernte zur fertig gerollten Zigarre durchläuft Tabak einen langen Prozess. In Kuba wird dabei jeder Arbeitsschritt mit großer Sorgfalt und Präzision umgesetzt: So kümmern sich Personen mit spezieller Profession um Mischung, Rollen und um das Legen in die Zigarrenkiste. Die Zigarrenherstellung in Kuba wird hier zur Kunst erhoben. Im Folgenden erfahren Sie alles zu den einzelnen Prozessabläufen.

Dunklere und helle Zigarren unterschiedlicher Formate liegen nebeneinander auf einer weißen Felldecke

Die verwendeten Materialien

Qualität und Geschmack werden von den für die Zigarrenherstellung ausgewählten Tabakblättern bestimmt. Dabei unterscheidet man in:

  1. das äußere Deckblatt (Capa),
  2. das dazwischenliegende Umblatt (Capote) sowie
  3. das innenliegende Einlageblatt (Tripa).

Tabakblätter

Um die gewünschte Qualität der Tabakblätter zu erreichen, ist es erforderlich, sie exakt zum richtigen Zeitpunkt zu ernten (Richtwert: Einlageblätter ca. 50 bis 70 Tage und Deckblätter ca. 90 Tage nach der Aussaat). Dabei kann ein Tabakblatt grob in drei Zonen eingeteilt werden, die für unterschiedliche Eigenschaften der Zigarre sorgen:

  • Volado (vom unteren Teil der Pflanze) sind eher mild und eignen sich, um ein gutes Abbrandverhalten zu gewährleisten.
  • Seco (mittlere Blätter) tragen das Aroma.
  • Ligero (obere Blätter) sorgen für den stärkeren Geschmack.

Deckblatt

Das Deckblatt nimmt einen subtilen, aber dennoch entscheidenden Einfluss auf die Aromatik sowie den Geschmack der Zigarre. Qualität und Art des Zigarrenpapiers beeinflussen maßgeblich die Verbrennungsrate der Zigarre. Dabei ist das Ziel, dass die Zigarre gleichmäßig und langsam brennt. Außerdem bestimmen Deckblätter das Aussehen der Zigarre.

Zigarrenband

Angeblich wurde der Zigarrenring bzw. das Zigarrenband (Anilla) 1850 eingeführt, damit wohlhabende Raucher ihre weißen Handschuhe nicht beschmutzen. Die Idee stammte von dem deutschen Auswanderer Gustavo (Gustav) Bock für seine Zigarrenmarke Bock y Compania. Zigarrenbänder werden oft aus Papier oder Stoff gefertigt, besondere Zigarren werden mit Leder oder Blattgold veredelt.

Der Herstellungsprozess: Schritt für Schritt

Die Zigarrenherstellung ist ein zeitintensiver Prozess, bestehend aus vielen kleineren Schritten. Zahlreiche Personen mit spezieller Professionalisierung sind daran beteiligt.

Vorbereitung von Tabakblättern

Sobald die Tabakblätter in der Zigarrenfabrik eintreffen, erfolgt eine unterschiedliche Behandlung entsprechend ihrer Art. Deckblätter benötigen besondere Aufmerksamkeit:

  • Die Deckblätter werden am frühen Morgen in spezielle Vorrichtungen gehängt und befeuchtet, was ihnen Glanz und Geschmeidigkeit verleiht.
  • Die Despaililladoras entrippen anschließend alle Deckblätter für die weitere Verarbeitung, indem sie Mittelrippen entfernen.
  • Sind alle unerwünschten Teile der Deckblätter entfernt, gehen sie zu den Rezagadoras. Diese Fabrikmitarbeiter sortieren die Tabakblätter nach Größe, Struktur und Farbe.
  • Die Einlageblätter werden einer Prüfung unterzogen, und falls erforderlich, wird ihnen überschüssige Feuchtigkeit durch Belüftung entzogen. Sie werden in Holzfässern gelagert (auch als dritte Fermentation bekannt), bevor es zum Mischen geht.

An der Vorbereitung beteiligte Personen:

  • Despalilladora = Entfernen der Blattrippen der Deckblätter
  • Rezagadora = Sortieren der Deckblätter nach Größe, Struktur und Farbe

Tabakauswahl (Auswahl der Blätter, Zusammenstellung der Mischung)

Der Ligador (Mischmeister) entscheidet über die Mischung des Tabaks. In vielen Zigarrenfabriken sind es ausschließlich die Ligadors, die die geheime Rezeptur für jedes Format der Zigarren kennen.

  • Der Ligador arrangiert Volado, Seco und Ligero derart, dass eine konstante Qualität und Geschmacksintensität der Zigarren gewährleistet wird.
  • Die Blätter bekommen Zigarrenfabriken in der Regel von festen Zulieferern. Hier sind es die Blender (oder auch Tabaquero maestro), die entscheiden, welche Tabakblätter in die Mischung weitergegeben werden. Da sie die Reifung überwachen, treffen sie auch die Auswahl der Blätter.
  • Nachdem der Ligador die Mischung zusammengestellt hat, gehen die Zigarren weiter an die Torcedores.

An der Tabakauswahl beteiligte Personen:

  • Blender (Tabaquero maestro): Überwachen der Reifung und Wahl der Tabakblätter für die Mischung
  • Ligador: Kennt die Rezeptur der Zigarre und stellt Mischung zusammen

Tabakherstellung

Ein kurzer Blick zurück: Bleiben wir beim Blender und seiner Arbeit bzw. der Herstellung von Tabak. Der Vorgang besteht im Wesentlichen aus vier Schritten:

1. Ernten

Vom Setzen der Tabaksamen bis zur Ernte vergehen etwa sieben Monate, wobei in einer Saison bis zu sechsmal geerntet wird. Eine Tabakpflanze besitzt im Schnitt 16 bis 18 Blätter, pro Ernte werden von jeder Pflanze zwei bis vier Blätter gepflückt.

2. Trocknen

Nach der Ernte kommen die Blätter in einen Trockenschuppen, wo sie ihre Feuchtigkeit verlieren und durch die Oxidation braune Farbe annehmen. Zuvor werden sie nach Größe und Struktur sortiert – dabei wird auch entschieden, welche Tabakblätter als Deckblätter, Umblätter oder Einlageblätter verwendet werden. Die Trocknungszeit dauert je nach Art unterschiedlich lang. Eine natürliche Trocknung kann 30 bis 90 Tage dauern.

3. Fermentation

Trocknung und Fermentierung sind eng miteinander verwobene Vorgänge. Hier werden Aroma und Geschmack des Tabaks durch biochemische Prozesse gesteuert. Die Tabakblätter bauen chemische Verbindungen ab und erhalten ihren charakteristischen Geschmack.

  • Bei der ersten Fermentierung verlieren die Tabakblätter vor allem den Harzgehalt.
  • Die zweite Fermentierung verliert Säure, Teer und den hohen Nikotingehalt.
  • Anschließend werden sie an die Zigarrenfabriken ausgeliefert, wo die dritte Fermentierung stattfindet (die bei Premium-Zigarren bis zu zehn Jahre dauern kann).

Zigarrenrollen

Die Torcedores erhalten die Tabakmischung, um die Zigarren an ihrem Arbeitstisch zu rollen. Sie arbeiten in den sogenannten Galeras, den Produktionsstätten.

  • Zu Beginn wird die Einlage in das Umblatt gerollt, somit entsteht der Wickel.
  • Danach erfolgt der Zuschnitt des Deckblatts mit dem Chaveta, einem halbmondförmigen Messer. Das Deckblatt wird langsam auf den Wickel gerollt (in manchen Produktionsstätten übernehmen spezielle Arbeiter, sogenannte Deckblattabwickler, diese Aufgabe).
  • Anschließend wird die Kappe, die am Ende der Zigarre das Deckblatt umschließt, aus dem Tabakblatt ausgestanzt. Dazu verwenden die Torcedores den sogenannten Casquillo.
  • Damit die Tabakblätter zusammenhalten, verwenden die Torcedores pflanzlichen Klebstoff aus einem Eimer.
  • Zum Abschluss wird mittels Guillotine die Zigarre am Brandende auf die richtige Größe zugeschnitten.

Wissenswert:

Traditionell wird bei der Arbeit den Torcedores von einem Lector vorgelesen. Die Torcedores können wählen, ob sie einen Roman oder die Tageszeitung bevorzugen.

Am Zigarrenrollen beteiligte Personen:

  • Torcedor: Fertigt die Zigarre durch das Zusammenrollen von Einlage, Umblatt und Deckblatt an.
  • Deckblattabwickler: In einigen Produktionsstätten kümmert sich eine Person speziell ums Deckblatt
  • Lector: Lesen während der Arbeit aus Romanen oder Zeitungen vor.

Qualitätssicherung

Zwar sind die Zigarren gerollt, gehen aber noch längst nicht in den Verkauf. Zunächst werden sie Kontrollen unterzogen:

  • Prinzipiell beaufsichtigt der Jefe de Galera (der Betriebsleiter) die Tocadores beim Rollen der Zigarren. In einigen Zigarrenfabriken unterstützen ihn Supervisors, die selbst erfahrene Zigarrendreher sind.
  • Die gerollten Zigarren gehen einerseits an den Controlador, der die Zigarre auf Kriterien wie Größe, Gewicht und Aufbau nach Vorschrift überprüft. Dafür schneidet er stichprobenartig Zigarren auf. Die Zigarren sind mit den Dienstnummern jedes Tocadores versehen und können den einzelnen Arbeitern zugeordnet werden. Ihr Gehalt richtet sich nach den abgenommenen Zigarren.
  • Anschließend überprüft der Catador (auch Tasador genannt) per Stichprobe den Geschmack der Zigarre. Er ist ein Verkoster, der die Zigarren auf Abbrand, Zugwiderstand und Aroma prüft.

An der Qualitätssicherung beteiligte Personen:

  • Jefe de Galera = Ein Betriebsleiter, der die Arbeit der Tocadores beaufsichtigt
  • Controlador = Prüft die Qualität der gerollten Zigarren
  • Catador (oder auch Tasador) = Verkostet Zigarren per Stichprobe

Lagerung und Fertigstellung

Die abgenommenen und fertigen Zigarren durchlaufen den Lagerungsprozess, der noch einmal Einfluss auf Aroma und Geschmack nimmt:

  • Während der Verarbeitung haben die Zigarren Feuchtigkeit aufgenommen, die sie nun wieder verlieren müssen. Dafür kommen sie in den Escaparates, einen Lagerraum mit Regalen aus Zedernholz – er trägt auch den Spitznamen „Schatzkammer“.
  • In dem Lagerraum verweilen die Zigarren bis zu acht Wochen bei einer Temperatur von 16 bis 18 Grad. Dabei fermentieren die Zigarren weiter und entfalten Aromen.
  • Nach der Lagerung sortieren die Escogedores die Zigarren nach Farbe. Sie ordnen die Zigarren mithilfe einer Farbschablone und wählen die Zigarrenkiste aus. Meist verlaufen die Zigarren von außen dunkel nach innen hell.
  • Die Anilladoras versehen die Zigarren mit den Zigarrenbändern. Sie suchen die geeignete Stelle für die Zigarre aus und legen sie, der vom Escogedor vorgegebenen Reihenfolge entsprechend, passend an.
  • Der Encajetillador legt die Zigarren in die Zigarrenkiste (oft aus Zedernholz, damit die Zigarren nicht austrocknen).
  • Zuletzt wird der Fileteador tätig, der die Zigarrenkisten mit Garantiesiegeln und einer Lithografie versieht. So können die Zigarrenkisten ausgeliefert werden und in den Verkauf gehen.

An der Finalisierung beteiligte Personen:

  • Escogedor = Sortiert die Zigarren entsprechend der Farbe der Deckblätter
  • Anilladora = Versieht jede Zigarre mit einem Zigarrenband
  • Encajetillador = Ist dafür verantwortlich, die Zigarren in die Kiste zu legen
  • Fileteador = Versieht die Zigarrenkisten mit Garantiestempeln, Garantiesiegeln und Lithografie

Besonderheiten in der Herstellung von verschiedenen Zigarrenarten

Prinzipiell trägt der Ligador eine besondere Verantwortung, denn die Mischung muss hohen Standards und konstanter Geschmacksmixtur entsprechen. Einige Zigarrenformate erfordern zudem besondere Fertigkeiten:

  • Maduro-Zigarren sind für ihre dunklen, stark aromatischen Deckblätter bekannt. Hier muss der Fermentierung der Deckblätter spezielle Aufmerksamkeit geschenkt werden.
  • Zigarrenformate wie die Torpedo (Piramide), Perfecto oder Belicoso gehören zu den Figurado-Formaten, die eine konische Form besitzen. Da sich Größe und Breite von einer zur anderen Seite ändern, benötigt es hier Raffinesse beim Rollen, damit die Mischung ausgewogen bleibt.
  • Bei kleineren Formaten wie Marevas (Petite Corona) oder Panatelas benötigt es ein präzises Rollen und eine richtige Balance. Die kleineren Proportionen sollen ein gewohnt intensives Raucherlebnis garantieren.

Häufige Probleme beim Herstellungsprozess

Bei der maschinellen Herstellung von Zigarren kann es zum sogenannten Goldschnitt kommen. Durch Nebenluft legt sich das Deckblatt dabei nicht um das ganze Umblatt, und der Abbrand wird fehlerhaft.

Apropos Zugqualität: Beim Zigarrenrollen kann durch Probleme bei der Rolltechnik oder der Einlagemischung schnell ein schlechter Zug auftreten. Seit 2001 wird in zahlreichen Zigarrenfabriken ein Messgerät, die sogenannte máquina de tiro, verwendet. Sie testet den Zugwiderstand, bevor der Zigarrenwickel mit dem Deckblatt umwickelt wird.


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