Je älter, desto besser: Die Vorteile der Reifung von kubanischem Tabak


Immer wieder werden wir Zigarrenhändler gefragt, was es denn mit den alten Habanos auf sich habe. "Vintage" ist ja inzwischen in aller Munde. Ob Kleidung, Autos oder Uhren – Vintage zieht offenbar immer und gilt derzeit als hip. Bei Habanos ist es allerdings mehr als ein Trend, denn das Thema ist gar nicht so neu. Spätestens seit 2004 das Buchs Eine illustrierte Enzyklopädie der postrevolutionären Havanna-Zigarren von Min Ron Nee und Adriano Martínez Rius erschien, sind reifegelagerte Zigarren auch hierzulande ein Thema. Doch was genau bedeutet das eigentlich? 

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie kubanischer Tabak mit der Zeit an Qualität gewinnen kann. Entweder die losen Blätter reifen während ihrer Lagerung, also bevor sie zur Zigarre gerollt werden. Oder man lässt die fertigen Habanos, wenn sie bereits in Kisten verpackt sind, ihr volles Aroma entwickeln.

Reifen der Tabakblätter

Beginnen wir mit der ersten Variante, der Lagerung vor dem Rollen: Ebenso wie Cognac, Whiskey oder Rum mehrere Jahre in Eichenfässern ruhen, um sich allmählich zu entfalten, profitieren auch Zigarrentabake von einer zusätzlichen Reifelagerung: Tannine bauen sich ab, während der Zuckergehalt ansteigt, was zu einem runderen, milderen und aromatischeren Geschmack führt. Seit 1999 wählt man daher immer wieder Ballen verschiedenster Tabakblätter aus, um sie auf ihr Potential zur Reifung zu testen. Die besten von ihnen werden nach jeder Ernte beiseitegelegt und kommen in eigens eingerichtete Lagerhäuser in Havanna. In der Regel sind sie für erlesene Spezialitäten vorgesehen, wirklich bemerkenswerte Habanos, die meist in nur kleinen Mengen produziert werden. Die Zigarrenserien unterscheiden sich in der Reifezeit ihres Tabaks sowie in ihrer Zusammensetzung. Sie werden in drei Kategorien eingeteilt: 

Reserva

Unter Reserva versteht man Habanos, bei denen alle Bestandteile (Einlage, Um- und Deckblatt) mindestens drei Jahre in Ballen gelagert werden, bevor man sie zum Rollen in die Manufaktur bringt. Die erste dieser Spezialitäten, die Cohiba Selección Reserva, kam 2003 auf den Markt. Verwendet wurden Blätter aus der Ernte des Jahres 1999. Danach gefertigt wurden die Partagás Serie D No. 4 Reserva aus Blättern der Ernte 2000 sowie die Montecristo No. 4 Reserva aus denen der Ernte von 2002. Üblicherweise werden jeweils nur 100.000 Zigarren produziert und in eleganten, schwarz lackierten und nummerierten Kisten zu jeweils zwanzig Stück angeboten. Jede Zigarre hat einen zweiten Ring, schwarz und silberfarben, anhand dessen man sie als Reserva erkennen kann.

Gran Reserva

Der Begriff Gran Reserva bezeichnet Zigarren, deren Einlage-, Um- und Deckblätter vor der weiteren Verarbeitung mindestens fünf Jahre reifegelagert werden. Dafür wählt man nur die allerbesten Blätter aus der Vuelta Abajo, der besten Tabakanbauregion Kubas, aus. Die hohen Anforderungen an den Tabak garantieren, dass die Habanos ein einzigartiges Aroma bieten. Die erste Gran Reserva erschien im Jahr 2009, gefertigt aus Tabaken der Ernte von 2003. Das Format, das für diese besondere Spezialität ausgewählt wurde, war die berühmte Siglo VI von Cohiba. Produziert wurden lediglich 5.000 nummierierte, schwarz lackierte Kisten zu jeweils 15 Zigarren, die sich mit einer zweiten, gold-schwarzen Bauchbinde präsentieren.

Edición Limitada

anejado hoyo de monterreyEine Edición Limitada hebt sich bereits optisch von anderen Zigarren ab: Ihre Deckblätter sind dunkler und dicker als die einer normalen Habano. Sie stammen vom oberen Teil der Pflanze der im Tabaco Tapado-Verfahren gezogenen Pflanzen. Weil sie eine längere Fermentation benötigen, lagern sie in Ballen für mindestens zwei Jahre, bevor daraus eine Habano gefertigt wird. Die erste Edición Limitada wurde im Jahr 2000 eingeführt. Seitdem gibt es davon etwa drei bis fünf in jedem Jahr, ausgenommen 2002. Zu Beginn waren es nur die Deckblätter der Edición Limitada, die speziell reifegelagert wurden. Seit 2007 unterzieht man auch die Einlage und die Umblätter einer Reifelagerung von mindestens zwei Jahren. Die Kisten tragen ein schwarz-goldenes Siegel, anhand dessen man sie als Edición Limitada erkennen kann. Die Zigarren tragen zudem eine zweite Banderolle mit der Angabe des Jahrgangs.

Übrigens: Wer neugierig auf eine echte Reserva ist, muss noch ein wenig warten. Die angekündigte Hoyo de Monterrey Epicure No.2 Reserva aus Tabaken der Ernte von 2012 kommt erst in den nächsten Monaten in den Handel.

Reifung gerollter Zigarren

Weniger Geduld benötigen Liebhaber von Zigarren, deren Reifung erst nach dem Rollen in der Kiste stattfindet. Die wahren Kenner wissen, dass das Alter - ähnlich wie bei guten Weinen - Geschmack und Aromen beeinflusst. Einlage-, Um- und Deckblätter, aus denen sich die Mischung zusammensetzt, entwickeln sich langsam weiter, wenn sie in einer idealen Umgebung gelagert werden. Die gereiften Zigarren schmecken danach zumeist milder, ihr Aroma wird aber gleichzeitig komplexer. Daher schaut ein echter Habanos-Liebhaber, wenn er eine Zigarrenkiste kauft, zuerst auf den Stempel an der Unterseite der Kiste, um herauszufinden, wann die Zigarren verpackt wurden.

Feste Regeln, ab wann eine Habano als "reifegelagert" oder "aged", bezeichnet werden kann, gibt es nicht. Einige halten eine fünfjährige Lagerung für ausreichend, um die Bezeichnung reifegelagert zu verwenden, andere erachten eine Dauer von mindestens zehn Jahren für notwendig. Es gibt auch keine einheitliche Theorie darüber, wie sich der Geschmack einer Zigarre oder gar einer bestimmten Marke über die Jahre verändert. Zahllose Bücher und Artikel wurden darüber geschrieben, aber nichts ist individueller und maßgeblicher als der eigene Geschmack und die jeweiligen Vorlieben, die ein Zigarrengenießer im Laufe der Zeit entwickelt. In einigen Ländern gibt es bei der Reifelagerung von Zigarren eine lange Tradition, etwa in England: Dort werden Zigarren grundsätzlich mindestens zwei Jahre gelagert, bevor man sie raucht.

Perfekte Lagerbedingungen vorausgesetzt, kann jeder Aficionado eine private Sammlung von Habanos anlegen und sie über einen größeren Zeitraum verwahren. Einige Aficionados und Sammler besitzen sogar Kisten mit Zigarren, die fünfzig Jahre und älter sind - und manchmal wird ihre Ausdauer belohnt: Bei Versteigerungen haben solche Habanos schon Stückpreise von über 1.500 Dollar erzielt.

Wie lange man eine Habano maximal lagern kann, ehe sie ihren Geschmack verliert, ist ein weiterer, oft diskutierter Punkt. Sicher sind sowohl die Mischung als auch die Qualität der Tabake entscheidend, und auch der Umstand, wie konstant die Bedingungen über die Jahre hinweg erhalten bleiben, spielt eine Rolle.

Wie die Reifung funktioniert

Es beginnt alles zu der Zeit, wenn die Blätter auf dem Arbeitsplatz des Torcedors zum ersten Mal zusammenkommen. Zunächst muss ihnen Feuchtigkeit hinzugefügt werden, um sie geschmeidig zu machen, was wiederum eine letzte Fermentation auslöst. Sind die Zigarren fertig, kommen sie in einen escaparate genannten Raum für eine weitere Ruhezeit. Anschließend werden sie mit Ringen ausgestattet und in Kisten gepackt, versehen mit Siegeln sowie einem Stempel, der Auskunft über Monat und Jahr der Herstellung gibt. Von diesem Punkt an zählt das “Alter” einer Kiste, auch “Box Age” genannt.

In der Folge entwickeln sich die Zigarren langsam weiter. Wenn sie gut gelagert werden, zählen sie irgendwann zu den reifegelagerten (Aged) Habanos. Das wichtigste für eine Habano ist es, in ihrem ursprünglichen Zustand zu verbleiben, um Geschmack und Aromen entwickeln zu können, die ausgewogener und angenehmer sind als vielleicht zu dem Zeitpunkt, als man sie erworben hat. Eine konstante Temperatur ist ebenso wichtig wie ein gleichbleibendes Feuchtigkeitsniveau, damit ihre Aromen nicht verlorengehen, was beim Austrocknen sehr schnell geschieht.

Um ein optimales Ergebnis bei der Lagerung zu erzielen, sind folgende Hinweise zu beachten:

  • Habanos sollten bei einer Temperatur von 16°C bis 18°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 65 bis 68 Prozent aufbewahrt werden, damit sich Aroma und Geschmack gleichmäßig entwickeln.
  • Der Ort sollte gut belüftet sein, dass unangenehme Gerüche schnell wieder verschwinden können.

Verwirrende Codes

Der Datumsstempel befindet sich seit 1985 auf der Unterseite einer jeden Kiste. Seit dem Jahr 2000 wird er unchiffriert angegeben, und ihn zu lesen, fällt nicht schwer. Zwischen 1985 und 1999 jedoch benutzte man einen drei- oder vierstelligen Code. Bis 1998 lautete das Codewort NIVELACUSO, wobei jedem der Buchstaben eine Ziffer entsprach:

N 1
I 2
V 3
E 4
L 5
A 6
C 7
U 8
S 9
O 0

 

Der Aufdruck NISC würde demnach den Zahlen 1297 entsprechen, was wiederum aussagt, dass diese Kiste im Dezember 1997 gefüllt wurde. LUC wäre zu dechiffrieren als 597, verpackt also im Mai 1997. 1998 änderte man dann das Codewort in CODIGUNETA. Ab diesem Zeitpunkt wurde es kompliziert. Denn die Reihenfolge der Ziffern wurde ebenfalls verändert, so dass beispielsweise eine Kiste mit dem Aufdruck UNCC von Januar 1999 stammt:

C 9
O 8
D 7
I 6
G 5
U 0
N 1
E 2
T 3
A 4

 

1999 wurde von Mai bis zum Ende des Jahres dann ein vollkommen anderes System benutzt. Die Aufdrucke der willkürlich gewählten Buchstaben und Ziffern lauteten wie folgt:

EP00 May 1999
ES00 June 1999
EU00 July 1999
EA00 August 1999
EO00 Sept 1999
LE00 Oct 1999
LL00 Nov 1999
LR00 Dec 1999

 

Probieren geht über Studieren

Es lohnt sich, im Fachhandel nach älteren, reifegelagerten Zigarren zu suchen. Oft macht man dabei manch schöne Entdeckung. Doch wie alt eine Habano auch immer sein mag: Entscheidend ist Ihr ganz persönlicher Geschmack!

Es lohnt sich aber ebenso, eine Kiste feiner Habanos auf die Seite zu legen und zu schauen, wie sich die Zigarren im Laufe der Zeit entwickeln. Nehmen Sie dafür etwa jedes halbe Jahr eine Zigarre heraus und probieren Sie sie. Notieren Sie Ihre Eindrücke. Und genießen Sie die mit der Zeit komplexer werdenden Aromen.

Wer nicht so lange warten möchte, sollte sich nach den Habanos der Serie «Añejados» (spanisch für «reifegelagert») umschauen. Diese Zigarren werden nach dem Rollen mindestens fünf Jahre gelagert, bevor sie dann in die Regale der Zigarrenhändler kommen. Es gibt bereits vier Formate dieser Serie: die Montecristo Churchills, die Romeo y Julieta Piramides, die Hoyo de Monterrey Hermosos No.4 und die Partagás Coronas Gordas. 


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