So beeinflusst das Zigarrenformat den Zigarren Geschmack
Bedeutend für den Geschmack einer feinen Zigarre sind zahlreiche Faktoren, darunter ihr Deckblatt. Aber auch das Format ist für die Entfaltung des "Wrappers" und demzufolge auch der Aromen der Zigarre im Ganzen signifikant wichtig. Jedenfalls gibt es mehrere Wechselwirkungen, die den wundervollen Taste unserer gerollten und gepressten "Tabakröllchen" mal weniger, mal mehr beeinflussen.
Format, Ringmaß und Mundstück
Grundsätzlich (aber nicht ausnahmslos) könnte man sagen, dass kleinere Formate (mit kleinerem Ringmaß) eine dichtere und dadurch komplexere Aromenstruktur aufweisen und vielleicht auch pikanter daherkommen, als selbige Zigarre in einem größeren Format (mit größeren Ringmaß). Grund dafür könnte die geringere Luftzirkulation bei einer geringeren Größe oder einem kleineren Ringmaß der Stumpen sein, da so weniger Tabak und damit weniger Auflagefläche vorhanden ist. Dies birgt zwar den obigen "Vorteil", dass sie eine Idee intensiver schmecken, aber es bedarf einer gedrosselteren Rauchgeschwindigkeit (weniger Züge pro Minute) während der Degustation als bei einem großen Ringmaß. Ansonsten haben sie den Drang zur höheren Hitzeentwicklung (ein oft beobachteter "Fehler" bei unerfahrenen Zigarrenrauchern ist das "Heißrauchen" der Stumpen). Wobei es auch kleine, locker hergestellte Zigarren gibt und großformatige Stumpen, die fest und sehr dicht gerollt sind. Also diese These "zieht" nicht zu hundert Prozent. Es darf erst einmal zwischen der Länge und dem Durchmesser (Ringmaß) des "Tabakröllchens" unterschieden und verglichen werden. So kann eine kleine Zigarre mit großen Ringmaß beide Merkmale klassischer Normen vereinen - prägnantes Erfolgsbeispiel wäre hier sicherlich die NUB!
Nennenswert sind auch die verschiedenen Mundstücke. Eine Torpedo, Double Figurado oder eine La Flor Dominicana Double Ligero Chisel von Litto Gomez zum Beipiel haben durch die Form des am Munde anliegenden Teils der Zigarre einen wesentlichen Einfluss auf das Geschmacks- und Raucherlebnis. An allen drei genannten kann man folgende Theorie aufstellen: Die Aromen der am Fuße entzündeten Tabake werden durch den Zug des Rauchers in Richtung Mundstück transportiert. Im Bereich der Capa oder des Mundstücks wird dieser Bereich verengt, wodurch die Aromen durch den engen Tunnel komprimiert werden und theoretisch konzentrierter zu den Geschmacksknospen gelangen. Man könnte meinen, die Zigarre schmecke intensiver, desto gepresster die Aromen den Stumpen in Richtung Mundraum verlassen. Dies konnten wir z.B. erst kürzlich an einer markant mundenden Rocky Patel Vintage Signature 1990 Torpedo beobachten. Das stämmige Ringmaß der Double Robusto war deutlich schüchterner im Taste und man hatte das Gefühl, ein Film würde über der Zunge liegen, welcher die Geschmacksentfaltung der Zigarre mindern würde.
Kreation des Blends
Interessant zu wissen ist (und dies ist schwer), welches Format der Serie XY nun für den Blend oder das Mischverhältniss der Zigarre herhalten musste. Welches Format, sei es nun eine Corona, Robusto oder Figurado, war Maßstab? Denn allein diese Information kann das eigene Geschmackserlebnis und die Erfahrung positiv beeinflussen, da man die Formate noch spezieller in Relation vergleichen kann. Eigentlich benutzen Hersteller kleinere Formate für die Entwicklung ihrer neuesten Kreationen. Viele nutzten bis vor einigen Jahren oder Jahrzehnten des Öfteren eine Corona als Maßstab ihres Blends. Heutzutage greift man wohl eher zur Robusto. Wenn jetzt die Robusto zum Beispiel als Maß gilt, kann dann die Toro überhaupt genauso gut schmecken? Werden die Tabake nach ihrem Mischverhältnis hochgerechnet oder versucht der Masterblender das richtige Verhältnis für andere Formate (z.B. Panatela) individuell durch das Prinzip "probieren geht über studieren" und natürlich seine Erfahrungswerte abzustimmen?
Allein diese Frage wird man sich selber (!) beantworten können, wenn man sich zum Beispiel die Zeit nimmt und eine X-beliebige Zigarrenlinie in allen Varianten der verfügbaren Formate zur Brust nimmt und verkostet. War es die Half Corona, Double Robusto oder eher die Churchill die einem am besten mundete? Ob der Hersteller XY nun wirklich die Zigarre, die einem am besten gefiel, als "Max Mustermann"-Zigarrenmaßstab nutzte, wird man des Öfteren nicht wissen. Müssen Sie auch nicht, Hauptsache Sie hatten Spaß, Vergnügen und sind um einige wichtige Erfahrungen reicher!
Trends
Wie sieht der momentane Trend in der Szene aus? Man kann seit einigen Jahren sicherlich sagen, das "je größer, desto besser" die derzeitigen Vorlieben der Zigarrengemeinschaft geschmacklich befriedigt. Große, nein, teils gigantische Zigarren mit den Maßen 2,78cm Durchmesser und einer Länge von knapp 18cm (EPC Ernesto Perez-Carrillo INCH Natural No. 70 Churchill Gigante ) werden bei uns angeboten und erfreuen sich einer großer Beliebtheit. Dieser Trend schwappt aus Übersee, sprich aus den USA, zu uns.
Es gibt keine allgemeine Richtung, das üppige Zigarren schlechter munden oder dass die kleineren, schmächtigeren besser schmecken müssen. Auch hier wird man als Liebhaber von Zigarren (wie auch bei anderen Genussmitteln etc.) früher oder später von der Neugier und der Spannung des Entdeckens gepackt und für sich feststellen können, dass man eine stämmige ebenso zelebriert wie eine kürzere Zigarre. Denn ob man das richtige Format in der Hand hält, hängt neben dem eigenen Vorzügen auch von der Situation ab. Ist es eher kalt und fröstelig im Garten und hat man nicht die Möglichkeit sein Eigenheim für den Verzehr zu gebrauchen, wird man vielleicht eher ein kleines Format wählen. Oder hat man selbst genug Zeit für einen langatmigen Smoke oder darf es "nur" die Kleine für die Pause sein? Lümmelt man entspannt im Sommer auf der Wiese und genießt seinen arbeitsfreien Samstag, langt man eher zu einer Double Toro oder Double Corona. Könnte man jedenfalls.
Geschmäcker sind verschieden. Formate auch. In diesem Sinne viel Genuss beim experimentieren und genießen!
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